Nicht jeder ältere Mensch hat Angehörige, die ihm helfen; dann übernehmen oft Nachbarn/Freunde die Betreuung – manchmal in der Hoffnung, in einem Testament bedacht zu werden oder sonst etwas zu bekommen. Wenn diese Nachbarn/Freunde dann leer ausgehen, stellt sich die Frage: Können sie für solche Betreuung etwas verlangen, und wenn ja, was? Der Oberste Gerichtshof sieht das – vereinfacht gesagt – so:
Der Betreute muss erkennen können, dass diejenige, die pflegt (kein Gender-Mainstream, sondern empirische Wahrscheinlichkeit!), eine Gegenleistung erwartet. Details sind nicht notwendig, es muss nur klar erkennbar sein, dass nicht nur aus reiner Nächstenliebe gepflegt/betreut wird, sondern man sich etwas erwartet. Ja, das ist ein heikles Thema und so etwas spricht man nicht gern an. Der Oberste Gerichtshof will aber, dass der Betreute weiß, woran er ist, und die Möglichkeit hat zu sagen: „Nein, da nehme ich mir lieber eine professionelle Betreuung.“
Klartext: Wer einen anderen Menschen pflegt und sich vor einer späteren Enttäuschung absichern will, dem wird so ein Gespräch nicht erspart bleiben. Und wie immer gilt: Etwas ausmachen ist bei einem späteren gerichtlichen Streit nur so gut, wie es dokumentiert ist.
Das gilt auch für den heiklen Bereich der späteren Geschäftsunfähigkeit, denn nicht selten baut ein Mensch trotz Pflege und Betreuung in den folgenden Jahren ab: Ist ein Testament zwar nachher da, aber ungültig, dann ändert das nichts daran, dass zumindest die Erwartung der Gegenleistung dokumentiert ist – vor allem dann, wenn dies im Testament ausdrücklich erwähnt ist.
Wann nicht?
Keinen Anspruch auf Abgeltung von Pflegeleistungen haben Angehörige, die aufgrund der „familienrechtlichen Beistandspflicht“ ohnehin in gewissem Umfang betreuen und pflegen müssen – also typischerweise Ehepartner. Da erwartet das Gesetz von vornherein, dass man sich mehr kümmert als Außenstehende; außerdem haben sie ab 1.1.2017 ohnehin einen eigenen Anspruch gegen die Verlassenschaft (siehe unten: Pflegevermächtnis).
Wie hoch?
Das hängt grundsätzlich vom Einzelfall ab: Abgegolten werden meistens (nur) die Pflege- und Betreuungsleistungen, die tatsächlich erbracht wurden und durch die sich der Gepflegte die Kosten einer sonst notwendigen professionellen Hilfe und Betreuung erspart hat. Ersetzt wird also nur, was notwendig war und „Profis“ auch gemacht hätten; also Begleitung zu Freizeitaktivitäten und Sozialkontakte eher nicht. Und ja, auch hier: Etwas „tatsächlich erbracht zu haben“ ist bei einem gerichtlichen Streit nur so erbracht, wie es dokumentiert ist.
Ganz neu
ist das Pflegevermächtnis, das es ab 1.1.2017 gibt: Wer einen Angehörigen pflegt, soll Anspruch auf einen Teil des Erbes haben. Dieses Vermächtnis steht aber immer nur den gesetzlichen Erben und deren nächsten Angehörigen zu; Nachbarn oder Freunde können sich also nie darauf berufen – die müssen also immer zu erkennen geben, dass sie (zumindest später) etwas für die Pflege haben wollen.
Der (obligatorische) Disclaimer:
Das ist ein Blog, kein Rechtsgutachten – der Inhalt ist nach bestem Wissen und Gewissen heute richtig, kann aber nie vollständig sein und alle Umstände berücksichtigen – schon gar keine zukünftigen, und schon gar nicht Ihre ganz speziellen: Das Lesen von Blogs (und anderen Ratgebern in Internet oder Zeitung) kann daher eine individuelle Beratung nie und nimmer ersetzen.
Noch einmal Klartext: Wer glaubt, nur mit Gratis-Info aus dem Internet all das selbst vollbringen zu können, wofür andere jahrelang studieren und Praxis sammeln müssen, ist selber schuld, wenn es schief geht!