Wenn Kandidaten Wahlversprechen notariell beglaubigen lassen, besteht bei den Wahlberechtigten (oft auch bei der Presse) Verwirrung, was denn die notarielle Beglaubigung eigentlich ist. Oder bewirkt. Oder in diesem Fall dem Stimmvolk bringt. Was das alles betrifft: Hier werden Sie geholfen …
Hauptzweck einer Beglaubigung ist, sicherzustellen, dass die Person des Unterschreibenden zweifelsfrei feststeht; eine notarielle Beglaubigung besagt also zunächst, dass der Notar die Identität des Unterschreibenden überprüft hat: Es dürfte sich bei dem versprechenden Kandidaten also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit tatsächlich um H. C. Strache gehandelt haben.
Was die Versprechen selbst angeht: Der Notar haftet nicht für den Inhalt der Urkunde, die vor ihm unterschrieben wird; der Notar muss diese nicht einmal lesen, geschweige denn verstehen. Es gibt also keine notarielle Überprüfung oder gar Garantie für irgendetwas, was darin versprochen wurde. Das Versprechen bleibt so gut wie die Person des Versprechenden eben ist – ein Notar kann da gar nichts tun. Bitte wenden Sie sich also keinesfalls an Ihren (oder irgendeinen) Notar, wenn Sie das Gefühl haben, eines der Versprechen wurde nicht vollkommen umgesetzt. Auch die Notariatskammer wird Ihnen nicht weiterhelfen können.
Der Notar muss die Unterschrift beglaubigen, wenn er dazu beauftragt wird – ihn trifft eine gesetzliche Tätigkeitspflicht; er darf das nur ablehnen, wenn er von der Geschäftsunfähigkeit des Unterschreibenden vollständig überzeugt ist. Der Notar hat bei einer Beglaubigung auch keinerlei Belehrungspflicht: Ihn braucht es daher nicht im geringsten zu interessieren, ob der Versprechende überhaupt weiß was er tut oder ob er wirklich ernst meint, was er von sich gibt – das liegt allein beim Versprechenden.
Der Notar muss die Beglaubigung wegen Befangenheit ablehnen, wenn Ausschließungsgründe vorliegen: Wenn also eines der Versprechen wäre, dass der beglaubigende Notar nach der Wahl ein Amt oder einen gut dotierten Auftrag der Stadt bekommt, wäre er ausgeschlossen, die Beglaubigung damit rechtlich unwirksam.
Wachssiegel sind wirklich nett anzusehen und erinnern an längst vergangene gute alte Zeiten -berührend, wenn jemand so etwas noch hat. Im österreichischen notariellen Alltag sind Wachssiegel seit Anfang/Mitte des vorigen Jahrhunderts ganz überwiegend nicht mehr in Gebrauch. Wachssiegel bewirken auch keine gesteigerte rechtliche Qualität oder Glaubwürdigkeit, da gibt es überhaupt keinen Unterschied zu den (zugegeben weniger dekorativen) Etiketten und Kunststoffsiegel. [Warnhinweis in eigener Sache: Ich selbst habe keine Wachssiegel lagernd – bitte beachten Sie das, wenn Sie wollen, dass ich Ihr Wahlversprechen beglaubigen soll!]
Etwas anderes als die (bloße) Beglaubigung sind eidesstättige Erklärungen, von Wahlwerbenden gerne auch in Form eines Notariatsakts abgegeben: Hier muss der Notar auf die Tatsache hinweisen, dass die wissentlich oder fahrlässig falsche Abgabe einer eidesstättigen Erklärung gerichtlich strafbar ist. Hier muss der Versprechende also vorsichtiger sein: Will er sich lieber nicht festnageln lassen, dann sollte er lieber die softe Variante mit der Beglaubigung wählen.
Klartext: Die Beglaubigung seines Wahlversprechens bedeutet (trotz Wachssiegel!) ausschließlich, dass H. C. Strache tatsächlich in eigener Person seine Versprechen unterschrieben hat, er dabei nicht vollkommen geschäftsunfähig war (oder der Notar diese Tatsache nicht erkennen konnte/wollte), und dass er sich nicht dem Risiko der Strafbarkeit eines wissentlich oder fahrlässig falschen Versprechens aussetzen wollte – mehr aber auch nicht.