„Ein Geschäftsführer handelt jedenfalls im Einklang mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters, wenn er sich bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Information annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.“
Dieser Juristen-typisch sperrige Satz findet sich ab 1.1.2016 neu im GmbH-Gesetz (bzw. Aktiengesetz) und ist das Neujahrsgeschenk für GmbH-Geschäftsführer (bzw. AG-Vorstände): Diese haften ja bekanntermaßen für unternehmerische Fehl-Entscheidungen, auch strafrechtlich: Das war bis jetzt ein großes Problem, wenn ein gerichtlicher Gutachter solche Entscheidungen im Nachhinein (und damit im sicheren Wissen, dass die Entscheidung eben falsch und nachteilig war) nach seinem Ermessen beurteilt hat. Nunmehr wird dieses Ermessen deutlich eingeschränkt.
Was heißt das auf Deutsch?
Ein Geschäftsführer haftet trotz einer nachweislich schlechten und für die Gesellschaft nachteiligen Entscheidung nicht, wenn 4 Voraussetzungen vorliegen:
- Er muss sich vor seiner Entscheidung „angemessen“ informiert haben; angemessen meint: Je wichtiger/schwerwiegender/teurer eine Entscheidung ist, desto mehr/sicherere Information ist nötig.
- Er muss „entscheiden“, also zwischen Möglichkeiten abwägen. Diese Entscheidung – und damit auch die Abwägung samt den Kriterien – muss für außenstehende Dritte objektiv nachvollziehbar sein.
- Er muss „zum Wohl der Gesellschaft“ entscheiden; damit wollte man vor allem Interessenskollisionen beim Geschäftsführer in den Griff bekommen. Die Entscheidung darf also weder unmittelbar noch mittelbar (Verwandte, von ihm sonst vertretene Gesellschaften, …) zu seinem eigenen Vorteil sein. Klartext: Heikel ist alles, was aus Sicht der Gesellschaft betriebswirtschaftlich wenig Sinn hat und vor allem für den Geschäftsführer und/oder dessen Umfeld gut ist.
- Alles oben Beschriebene ist nur so gut, wie es dokumentiert ist.
Safe-Harbour: Dieser (auch aus anderem Kontext bekannte) Begriff besagt hier, dass man jedenfalls auf der sicheren Seite ist, wenn man die Business Judgment Rule einhält; wenn man das nicht tut, handelt man zwar nicht automatisch sorgfaltswidrig, aber: Es gilt dann dasselbe wie jetzt – es wird also nach freiem Ermessen beurteilt, ob die falsche Entscheidung Haftungen nach sich zieht oder nicht.
Achtung: Die Business Judgment Rule schützt einen nicht, wenn man gegen unternehmenseigene Richtlinien verstoßen hat: Wenn also vorgesehen ist, dass der Geschäftsführer vor einer Entscheidung die Zustimmung der Generalversammlung/des Aufsichtsrats einholen muss, und er das nicht tut, hat er immer ein Problem. Maßgebend sind vor allem Gesellschaftsvertrag, Geschäftsordnungen für Geschäftsführer oder der Dienstvertrag.
Die Business Judgment Rule gilt auch nicht für Stiftungsvorstände.
Der obligatorische) Disclaimer:
Das ist ein Blog, kein Rechtsgutachten – der Inhalt ist nach bestem Wissen und Gewissen heute richtig, kann aber nie vollständig sein und alle Umstände berücksichtigen – schon gar keine zukünftigen, und schon gar nicht Ihre ganz speziellen: Das Lesen von Blogs (und anderen Ratgebern in Internet oder Zeitung) kann daher eine individuelle Beratung nie und nimmer ersetzen.
Klartext: Wer glaubt, nur mit Gratis-Info aus dem Internet all das selbst vollbringen zu können, wofür andere jahrelang studieren und Praxis sammeln müssen, ist selber schuld, wenn es schief geht!